Quasi „von jetzt auf gleich“ befanden sich die Krankenhäuser im Frühjahr durch COVID-19 im Krisenmodus. Mittlerweile hat sich das Gesundheitssystem auf die veränderte Lage eingestellt, die Erkenntnisse über die Krankheit und Therapie wachsen ständig. Dazu trägt auch die COVID-19-CIRS-Plattform bei. Hier können therapeutische Teams kritische Ereignisse genauso hinterlegen wie praxistaugliche Problemlösungen für den klinischen Alltag. Die Idee: Niemand soll aus Unwissenheit den Fehler eines anderen wiederholen. Thorsten Engelhardt, Pressesprecher der Unternehmensgruppe, berichtet.

Zu Beginn der Pandemie stieg die Fehlerrate

Schon im März, als der Lockdown erst wenige Tage alt war, wurde die COVID-19-CIRS-Plattform als Ableger des seit Jahren etablierten CIRS-Forums für kritische Ereignisse in Krankenhäusern ins Leben gerufen. Sie sollte speziell dem Austausch über den klinischen Alltag mit COVID-19 dienen. „Die Pandemie war eine neue Situation, die medizinisches wie pflegerisches Personal vor beispiellose Herausforderungen gestellt hat“, schildert Dr. Peter Gausmann, Geschäftsführer der GRB Gesellschaft für Risiko-Beratung. Teams wurden aus unterschiedlichen Fachrichtungen neu zusammengestellt und mussten sich erst einmal finden: OP- und Intensivmannschaften arbeiteten auf einmal gemeinsam, weil OP-Kapazitäten zurückgefahren werden mussten, aber Intensiv-Betreuung in größerem Umfang notwendig war. Dr. Peter Gausmann: „In einem solchen Kontext steigt die Fehlerrate. Deshalb brauchte es ein Medium, um aus kritischen Ereignissen zu lernen.“

Initiatoren der COVID-19-CIRS-Seite sind der Softwarehersteller Inworks, das Institut für Patientensicherheit InPASS, das seit 2005 Tausende von CIRS-Fällen analysiert hat, das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) und die GRB. Jeder der inzwischen 100 Einträge wird mit Anmerkungen des CIRS-Analyseteams versehen. Dieses Team ist mit Experten von InPASS und der GRB besetzt.
 

Tipps und Tools aus den Erfahrungen vieler

Ein Beispiel: Mehrfach berichten Nutzerinnen und Nutzer, dass die Abstrichstäbchen beim COVID-19-Test im Mund-Rachen-Raum abbrechen. Einmal muss ein Stäbchen sogar mit einem endoskopischen Eingriff entfernt werden. Ein Nutzer kommentiert und rät, die Stäbchen nur noch ohne Gegendruck im Mund-Rachen-Raum einzusetzen. Das Analyseteam empfiehlt, das Geschehen zusätzlich dem Hersteller zu melden, damit dort die Ursache behoben und ein Produktionsfehler ausgeschlossen werden kann.
 

Die Nutzerinnen und Nutzer sind weitergekommen

Allgemeine Hinweise, die sich aus den Einträgen ergeben haben, werden zudem in einer eigenen Rubrik „Tipps und Tools zu COVID-19“ zusammengefasst. In einem ersten Online-Kongress Ende Mai wurden die Erfahrungen aus dem Umgang mit COVID-19 auch mündlich ausgetauscht. Ein weiterer Kongress soll folgen.

Die frühen Einträge auf der Plattform zeugen von der Unsicherheit im Umgang mit der Pandemie-Situation. Oft ging es um Materialmangel, Personaleinsatz oder Schutzausrüstung. Inzwischen rücken andere Themen in den Vordergrund: die große Zahl von Abstrichen, entsprechende Wartezeiten und andere Organisationsaufgaben. Themen wie Schulung und Kommunikation im Team sowie mit Patienten sind zeitlos aktuell.
 

Auch Betroffene und Patienten kommen zu Wort

Mittlerweile unterstützt die Techniker Krankenkasse das Projekt. Damit ist die Seite um Berichte von Versicherten aller Krankenkassen gewachsen. Diese Einträge sind speziell gekennzeichnet, um zu verdeutlichen, dass sich hier medizinische Laien aus der Betroffenenperspektive zu Wort melden. Das Analyseteam gibt den Versicherten eine Einordnung des Erlebten und spricht an die Akteure des Gesundheitssystems Empfehlungen aus, um ähnliche Situationen zu vermeiden – oder sie als Vorbild zu nehmen. „Denn es werden ja nicht nur kritische Ereignisse berichtet, sondern auch positive Beispiele genannt“, sagt Dr. Peter Gausmann.

 

Thorsten Engelhardt
thorsten.engelhardt@ecclesia-gruppe.de

Die Internet-Plattform ist über folgende Adresse zu erreichen:
https://www.cirs-health-care.de/covid-19-cirs