Wenn Gefahrenquellen auf dem eigenen Grundstück den Nachbarn schädigen
Ein Feuer fragt nicht nach Grundstücksgrenzen. Es frisst sich durch alles, was den Flammen Nahrung bietet. Das bedeutet: Ein Hauseigentümer haftet auch für den Schaden am nachbarlichen Grundstück oder Haus, wenn ein Feuer von seinem Eigentum dorthin übergreift. Das gilt selbst dann, wenn ihn kein eigenes Verschulden trifft. Die Haftpflicht-Fachleute Marina Nau und Frank Schultz erläutern, was es mit dieser verschuldensunabhängigen Haftung im Gegensatz zur verschuldensabhängigen Haftung auf sich hat und weshalb eine Umwelthaftpflichtversicherung für diese Fälle wichtig ist.

Der Paragraf 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches sagt klar aus: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“ Knapp zusammengefasst heißt das: Wer anderen durch eine Handlung einen Schaden zufügt, muss dafür geradestehen. Die Juristen sprechen in diesem Fall von verschuldensabhängiger Haftung.


Die brennende Mülltonne

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Hausbesitzer leert einen Ascheeimer in seine eigene Mülltonne. Dabei übersieht er die noch glimmende Glut. Nach einer Weile fängt die Tonne an zu brennen und steckt Nachbars Carport in Brand. Der Hausbesitzer muss für den Schaden am nachbarlichen Anwesen aufkommen, weil er die Entstehung des Brandes zu verantworten hat.

Fälle von verschuldensabhängiger Haftung können Unternehmen durch eine Betriebshaftpflichtversicherung abdecken. Sie tritt ein, wenn der Versicherungsnehmer eine Handlung begeht, durch die einem Dritten ein Schaden entsteht. Dabei muss die Ursache natürlich nicht immer direkt ein Brand sein. Genauso denkbar wäre eine Beschädigung des Nachbargebäudes oder Grundstücks durch Rauch, Ruß oder Löschwasser.


Und noch mal brennt die Tonne

Wie sieht die Sachlage aber nun aus, wenn der Mülltonnenbesitzer gar nichts für das Malheur kann? Zum Beispiel, wenn Unbekannte sich den seltsamen Spaß erlaubt haben, eine Silvesterrakete im Papiermüll zu platzieren, infolgedessen die Tonne in Flammen steht und das Carport des Nachbarn beschädigt wird? Auch dann muss der Mülltonneneigentümer davon ausgehen, dass er beziehungsweise seine Versicherung den Schaden begleichen muss.

Zwar trifft ihn keine Schuld am Geschehen, er hat auch seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Aber die Papiertonne an der Rückseite von Nachbars Carport ist eine Gefahrenquelle, die er geschaffen hat. Also muss er dafür geradestehen. Die Juristen schlagen in diesem Fall die Paragrafen 906 und 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf und sprechen von einem verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ersatzanspruch. Knapp zusammengefasst heißt das: Mein Gebäude stellt eine Gefahr dar, also muss ich Schadenersatz leisten, wenn sich die Gefahr verwirklicht.

In einem solchen Fall allerdings greift nicht die Betriebs-, sondern die Umwelthaftpflichtversicherung. Deren Leistungsumfang erstreckt sich auf Personen-, Sach- und Vermögensschäden Dritter. Die Umwelthaftpflichtversicherung tritt ein, wenn sich durch die Umwelt, also in Boden, Luft oder Wasser Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlen, Dämpfe, Gase, Wärme oder sonstige Erscheinungen ausgebreitet haben – also auch dann, wenn ein Feuer übergreift. Aber die damit verbundenen Haftungsrisiken werden oft nicht erkannt oder nicht mit ausreichenden Versicherungssummen gedeckt.


Auf den umfassenden Versicherungsschutz kommt es an

Gerade wegen der erheblichen Risiken, die mit der verschuldensunabhängigen Haftung einhergehen, ist es wichtig, den Haftpflichtschutz in seiner gesamten Bandbreite in den Blick zu nehmen, also nicht nur die Betriebshaftpflicht, sondern auch die Umwelthaftpflicht einzuschließen. Die Konzepte unserer Unternehmensgruppe umfassen deshalb – im Gegensatz zu einigen Standardbedingungswerken – grundsätzlich auch die Umwelthaftpflicht inklusive einer für viele Fälle auskömmlichen Deckungssumme.

Aber nur anhand der realen Bedingungen vor Ort kann wirklich ermittelt werden, ob die Versicherungssumme ausreicht. Dafür müssen mögliche Schäden anhand der örtlichen Situation bewertet werden. Das gilt insbesondere, wenn ein ausgeprägtes nachbarschaftliches Risiko gegeben ist, beispielsweise, weil der Unternehmensstandort mitten im eng bebauten Altstadtbereich liegt oder auf den benachbarten Grundstücken besonders hochwertige Gebäude stehen.

Thorsten Engelhardt
thorsten.engelhardt@ecclesia-gruppe.de