Unter dem ein oder anderen Tannenbaum wird sich zum Weihnachtsfest vielleicht eine Dashcam finden – eine dieser kleinen Videokameras, die man auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe anbringen kann, damit sie von dort das Verkehrsgeschehen aufzeichnen.

Denn das ist ja ein praktisches Geschenk, vor allem für Menschen, die viel mit dem Auto unterwegs sind. Und die meisten Vielfahrer waren sicher schon in einer Situation, in der sie über die Nutzung einer Dashcam ernsthaft nachgedacht haben. In aller Regel dann, wenn man sich durch andere Verkehrsteilnehmer „benachteiligt“ fühlt oder gar in einen Unfall – mit oder ohne Fremdbeteiligung - verwickelt war.
 

Was sagt aber nun die Rechtsprechung dazu?

Zunächst gab es im Jahr 2014 ein Urteil, das die permanente anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine im Pkw installierte Autokamera als unzulässig ansah, weil sie das Persönlichkeitsrecht nach Artikel 2 des Grundgesetzes verletze.

In einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Mai 2018 (Az.: VI ZR 233/17) wird jedoch die Ansicht vertreten, dass sich das Geschehen im öffentlichen Straßenraum ereignete, in den sich der Beklagte freiwillig begeben hat. Er hat sich durch seine Teilnahme am Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt und damit kann die Aufnahme durch eine Dashcam in Einzelfällen auch zulässig sein.

Das neue Urteil bedeutet aber nicht, dass jetzt alle Videoaufzeichnungen bei Gerichtsverhandlungen zugelassen werden müssen. Die Richter werden in jedem Einzelfall das Aufklärungsinteresse, wie zum Beispiel nach Unfällen, gegen den Schutz von Persönlichkeitsrechten, wie das Recht am eigenen Bild, abwägen müssen.

So war es auch in dem Fall, der zu dem BGH-Urteil geführt hatte. Es ging um einen Autounfall im Begegnungsverkehr. Das zunächst zuständige Amtsgericht beziehungsweise der beauftragte Sachverständige konnten den genauen Sachverhalt nicht auflösen. Der Kläger wollte dazu die Aufnahmen seiner Dashcam als Beweismittel einbringen. Das lehnten aber sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht als nächste Instanz unter Hinweis auf die Unzulässigkeit der Aufnahme aus datenschutzrechtlichen Gründen ab.  

Der BGH hatte nun zwischen den Persönlichkeitsrechten der gefilmten Personen und dem Interesse von Kläger und Gerichten, den Unfall wahrheitsgemäß aufzuklären, abzuwägen; also den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in Verbindung mit einer funktionierenden Zivilrechtspflege zu bewerten.

Im Ergebnis sagt das oberste deutsche Zivilgericht nun, dass die Aufnahmen zwar gegen das Datenschutzrecht verstoßen. Da aber der Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müsse, sei dies nachrangig. Die Aufzeichnungen seien deshalb im Unfallhaftpflichtprozess nach entsprechender Interessenabwägung als Beweismittel verwertbar.

Die vorinstanzlichen Urteile wurden somit kassiert und der Fall an das Landgericht zurückverwiesen.


Grundsätzliche Fragen zur Nutzung von Dashcams:

Wie muss ich die Kamera anbringen?
Die Kamera ist so anzubringen, dass sie die Sicht des Fahrers nicht beeinträchtigt.

Darf ich die Aufzeichnungen veröffentlichen?
Die Aufzeichnungen sind nur für den ganz persönlichen, privaten Gebrauch gedacht. Eine Veröffentlichung – zum Beispiel im Internet – ist ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und kann mit einem hohen Bußgeld geahndet werden (dies kann bis zu 300.000 Euro betragen). Vorsätzliche Handlungen gegen Entgelt oder in Bereicherungs-/Schädigungsabsicht sind sogar mit Freiheitsstrafen bedroht.

Was für Konsequenzen kann der Einsatz einer Dashcam für mich selbst haben?
Zu beachten ist, dass die Polizei, wenn es zu einem Unfall gekommen ist, das Video beschlagnahmen darf und auch gegen den Besitzer der Kamera selbst verwenden kann. Unser Tipp: Beraten Sie sich am besten mit Ihrer Kfz-Versicherung und Ihrem Rechtsanwalt. Denn verstößt die Aufzeichnungen gegen den Datenschutz, riskieren Sie womöglich nicht nur eine Verwendung gegen Ihre eigenen Interessen, sondern auch ein Bußgeld (im Fall, dass Ihnen die Bilder im Schadenersatzprozess helfen).

Wie ist der Einsatz von Dashcams im Ausland geregelt?
Im europäischen Ausland fehlen in den meisten Ländern bislang konkrete gesetzliche Regelungen zur Verwendung von Dashcams. So wird von einer Verwendung in Belgien, Luxemburg, Portugal und der Schweiz abgeraten, in Österreich sollte es nur mit Genehmigung erfolgen.
In einer Vielzahl anderer Länder ist die Verwendung nach Auskunft der dortigen Automobilclubs unproblematisch, allerdings zum Teil nur unter Auflagen gestattet. Dies kann Fristen für die Löschung/Übertragung betreffen. In Frankreich beispielsweise ist der Unfallbeteiligte unmittelbar nach dem Unfall über die Aufnahme zu informieren, sofern das Video als Beweismittel verwendet werden soll.

Ist eine Dashcam im Auto zum Beispiel gegen Diebstahl mitversichert?
Üblicherweise nicht. Denn Dashcams werden wie mobile Navigationsgeräte meist mit Saugnäpfen an der Windschutzscheibe oder dem Armaturenbrett befestigt. Damit gelten sie als nicht fest mit dem Fahrzeug verbunden. Im Falle eines Diebstahls besteht somit auch kein Versicherungsschutz im Rahmen der Kaskoversicherung.


Das Fazit:

Im Ergebnis ist künftig die permanente, anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens mittels Dashcam im Unfallprozess verwertbar, es ist aber durch die Gerichte eine Güterabwägung im Einzelfall vorzunehmen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Anderer führt aber nicht automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot. Denn die Persönlichkeitsrechte sind durch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen geschützt – was sich unter anderem darin zeigt, dass Bußgelder wegen Missachtung des Datenschutzes verhängt werden können, auch wenn ein Dashcam-Video als Beweismittel in einem Haftpflicht-Prozess zugelassen wird. Denn die Datenschutzgesetze enthalten beziehungsweise bezwecken selbst kein Beweisverwertungsverbot.