Wer muss eigentlich für einen Schaden zahlen? Diese Frage kann sich gelegentlich als sehr komplex herausstellen. Besonders, wenn der Schaden fremdes Eigentum betrifft, beispielsweise das eines Patienten. Daniela Niehage und Karl Siekermann aus unserer Schadenabteilung informieren über Möglichkeiten, Einschränkungen und Voraussetzungen rund um den Versicherungsschutz fremder Sachen.



In jedem Betrieb und jedem Haushalt befindet sich fremdes Eigentum. Das kann Eigentum von Gästen, Bewohnern oder Patienten sein, das können aber auch geleaste, gemietete oder geliehene Gegenstände, Vorräte oder Kommissionsware sein. Ein alter Grundsatz lautet: Jeder muss sein Eigentum selbst versichern. Es gibt allerdings verschiedenste Gründe, warum der Eigentümer einer Sache bei einem Schaden nicht die eigene Versicherung in Anspruch nimmt: fehlender Versicherungsschutz zum Beispiel, oder er möchte seinen Versicherungsvertrag nicht mit Schadenzahlungen belasten. Auch die andere Seite möchte Ersatz für das fremde Eigentum nicht unbedingt über den eigenen Versicherungsvertrag gewähren.

Was deckt die Sachversicherung ab?

Grundsätzlich besteht Versicherungsschutz

  • für die Zerstörung, Beschädigung oder das Abhandenkommen der versicherten Sachen (Inventar beziehungsweise Hausrat) im Rahmen der versicherten Gefahren (üblicherweise Feuer, Leitungswasser, Sturm/Hagel, Einbruchdiebstahl);
  • am Versicherungsort beziehungsweise an dem im Versicherungsschein dokumentierten Ort;
  • bis zur vereinbarten beziehungsweise dokumentierten Versicherungssumme.

Dieser Schutz umfasst sowohl die eigenen Sachen als auch das fremde Eigentum in den versicherten Räumlichkeiten.

Reicht die Versicherungssumme aus?

Die Versicherungssumme richtet sich nach dem Wert der versicherten Sachen, also dem gesamten Inventar beziehungsweise Hausrat. In der Regel besteht der Versicherungsschutz zum Neuwert, das heißt: Im Schadenfall können Sie Sachen gleicher Art und Güte wiederbeschaffen. Aber es gibt ein Problem: Sofern sich in Ihren Räumlichkeiten fremdes Eigentum – wenn auch nur vorübergehend – befindet, kann die ursprünglich ermittelte Versicherungssumme nicht ausreichen, um bei einem Totalschaden alles, also auch das fremde Eigentum, zu ersetzen.

Unterversichert – was nun?

Sofern es sich um kleine Schäden handelt, wird der Versicherer vermutlich die Versicherungssumme nicht überprüfen, sondern den Schadenfall unbürokratisch lösen. Handelt es sich jedoch um größere Schäden beziehungsweise ist auf den ersten Blick erkennbar, dass die Versicherungssumme, die ja auch Grundlage für die regelmäßig zu zahlende Versicherungsprämie ist, nicht ausreicht, kann die Sachlage anders sein. Der Versicherer kann prüfen lassen, wie hoch die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der Sachen und der vereinbarten Versicherungssumme ist, und die Entschädigung im gleichen Verhältnis kürzen.
 

Beispiel:

Entschädigungsberechnung

Versicherungssumme 100.000 Euro
Tatsächlicher Versicherungswert 125.000 Euro
Schadensumme 50.000 Euro
Verhältnis Versicherungssumme zum Versicherungswert 80 Prozent
Entschädigungsberechnung 80 Prozent von 50.000 Euro = 40.000 Euro



Um solche Situationen zu vermeiden, haben wir in unseren Bedingungswerken umfangreiche Vorsorgeregelungen vereinbart. So können in der Regel etwa zehn Prozent der dokumentierten Versicherungssumme als Vorsorge hinzugerechnet werden. Dennoch ist es wichtig, die Höhe der Versicherungssumme richtig zu ermitteln und regelmäßig zu überprüfen – und dabei auch das fremde Eigentum zu berücksichtigen. Hierzu bieten sich die von uns regelmäßig verschickten Veränderungsmeldungen an.

Der Versicherungsschutz für fremde Sachen ist vielschichtig. Zwei Bereiche sollen hier noch näher betrachtet werden.

1. Eigentum von Bewohnern, Patienten, Gästen und Mitarbeitenden sowie Sachen, die zur Verwahrung überlassen wurden

Grundsätzlich gilt: Hierbei muss vorrangig eine eigene Hausratversicherung in Anspruch genommen werden. Neue Bewohner nehmen gerne ihre eigenen Dinge bis hin zu ganzen Möbeln in eine Altenhilfeeinrichtung mit. Ebenso bringen Patienten eigene Gegenstände mit ins Krankenhaus. Ob diese Sachen dann allerdings noch über die Versicherung des Bewohners oder des Patienten abgesichert sind, wird nur selten geprüft. Auch Mitarbeitende bringen persönliche Sachen mit zur Arbeit. Es sollte sich dabei jedoch um Sachen handeln, die sich auf Verlangen des Arbeitsgebers oder üblicherweise innerhalb des Versicherungsortes befinden. Wertvolles wie teure Schmuckstücke haben genauso wenig etwas auf der Arbeitsstätte zu suchen wie Sachen, die auch im weitesten Sinne nichts mit der Ausübung der Tätigkeit zu tun haben. Aus Sicht des Arbeitgebers handelt es sich bei diesen Sachen um fremdes Eigentum. Er sollte sie überschlägig bei der Ermittlung der Versicherungssumme berücksichtigen.

Sofern jemand jedoch Sachen zur Verwahrung übernimmt, zum Beispiel im Krankenhaus oder im Altenheim, kann dafür eine gesonderte Versicherung abgeschlossen werden. Im Rahmen der sogenannten Verwahrungsversicherung können die von Bewohnern, Patienten und Personalkräften eingebrachten Sachen gegen Verlust, Verwechslung, Beschädigung oder Abhandenkommen versichert werden.

2. Sachen, die zur Bearbeitung, Weiterverar­beitung und Veredelung überlassen wurden

In Werkstätten für behinderte Menschen und auch in verarbeitenden Betrieben kommt es regelmäßig vor, dass Sachen – meist vorübergehend – zur Bearbeitung, Weiterverarbeitung oder ähnlichem in den eigenen Räumlichkeiten vorhanden sind. Diese Sachen fallen automatisch in die eigene Inventarversicherung und stellen damit ein Risiko zur Unterversicherung dar.

Bevor also eine Werkstatt oder ein Betrieb einen Auftrag übernimmt, sollte daher mit dem Auftraggeber über den Versicherungsschutz dieser Sachen gesprochen werden. Idealerweise gibt es eine Vereinbarung, dass diese Sachen weiterhin über den Eigentümer/Auftraggeber versichert sind. Wenn nicht, sollten Sie den Eigentümer/Auftraggeber darüber informieren, dass im Rahmen Ihrer Versicherungsverträge nur das „Eigentümerinteresse“ abgesichert ist. Das ist dann relevant, wenn der Auftraggeber beispielsweise vorsteuerabzugsberechtigt ist, Ihr eigener Betrieb jedoch nicht. Das Eigentümerinteresse beschränkt sich dann auf den Nettopreis der überlassenen Sachen, und zwar bezogen auf den Preis, den der Eigentümer für Kauf oder Herstellung aufwenden müsste.

Kleiner Ausflug in die Haftpflichtversicherung

Mit einer Haftpflichtversicherung können Sie sich gegen Ansprüche Dritter absichern, wenn deren Eigentum betroffen ist. Voraussetzung ist allerdings, dass ein Verschulden oder eine andere Haftungsgrundlage vorliegt. Es muss also jemand für den Schaden verantwortlich gemacht werden können. Kommen zum Beispiel bei einem Brand in Ihren Räumen fremdes Eigentum, persönliche Habe oder zur Verwahrung übergebene Sachen zu Schaden, so kann – je nach Haftung – auch eine Haftpflichtversicherung greifen.

Zu berücksichtigen ist aber, dass im Rahmen der Haftpflichtversicherung der sogenannte Zeitwert ersetzt wird. Das bedeutet, dass bei der Regulierung ein Abzug für Alter und Abnutzung berücksichtigt wird.

Fazit

Trotz sorgfältiger Ermittlung der Versicherungssumme kann es vorkommen, dass diese im Schadenfall nicht ausreicht. Es lohnt sich also, die Höhe der Versicherungssumme aktuell zu halten und zu überprüfen.

Gerne stellen wir Ihnen individuelle Versicherungslösungen dar: beispielsweise die Vereinbarung einer Stichtagsmeldung bei erheblich variierenden Versicherungssummen, um die Gefahr einer Unterversicherung zu minimieren.

Daniela Niehage
daniela.niehage@ecclesia-gruppe.de

Karl Siekermann
karl.siekermann@ecclesia-gruppe.de