Im März 2020 haben wir nach dem Brand der Kathedrale Notre-Dame die Auswirkungen auf den Versicherungsschutz der Kirchen in Deutschland beleuchtet. Ansätze zur Vermeidung oder Minimierung von Feuerschäden wurden aufgezeigt und das Risiko von Sturm- und Leitungswasserschäden thematisiert. In diesem ersten Artikel unserer neuen dreiteiligen Serie analysiert Stephan Scharf, Abteilungsleiter für Kirchenschäden aus den Bereichen der Sach-, Haftpflicht- und Unfallversicherung, welche Schäden eintreten und wo die Schwerpunkte liegen.


Bei „Kirchenschäden“ sind nicht nur Schäden an Sakralgebäuden gemeint. Bei der Analyse betrachten wir „Kirche“ ganzheitlich. Pfarrhäuser, Gemeindezentren, Kindergärten und Schulen gehören ebenso dazu wie beispielsweise Seminar- und Tagungshäuser beziehungsweise Objekte der kirchlichen Wohnungswirtschaft.
 

Schadenschwerpunkt „Sachschäden"

64 Prozent aller Kirchenschäden und 93,5 Prozent des Gesamtschadenaufwandes fallen im Gebäude- und Inventarversicherungsbereich an. Ein Blick in die Schadendatenbank (Auswertungszeitraum zehn Jahre) verdeutlicht: Leitungswasser- sowie Sturmschäden treten am häufigsten auf und verursachen mehr als die Hälfte des Gesamtschadenaufwandes. Das Feuerrisiko ist trotz moderater Stückzahl nicht zu unterschätzen – entfällt doch fast ein Drittel des Gesamtaufwandes auf diesen Bereich. Die hohe Frequenz bei Einbruchdiebstahl und der niedrigere Schadenaufwand machen deutlich, dass kirchliche Einrichtungen im Regelfall nicht das Ziel professioneller Kriminalität sind, sondern – insbesondere im Bereich der Kindergärten – Opfer von Gelegenheitstätern werden. Im Bereich der Glasversicherung ist der Schadenaufwand kalkulierbarer und insoweit für alternative Risikotransfers geeignet, sofern eine Vielzahl von Objekten gebündelt wird.

 

Kirchen rücken in den Blick von Cyberkriminellen

Noch nicht flächendeckend auswertbar ist die Schadensituation für Elementar-, Cyber- sowie Betriebsschließungsschäden. Diese Deckungen werden aber von den kirchlichen Gliederungen mehr und mehr abgeschlossen und auch Schadenmeldungen nehmen zu.

 

Sturm als Schadenursache

Interessant ist ein Blick auf die Ursachenverteilung bei Sturm-und Hagelschäden. Entfallen 79 Prozent aller Schäden auf den „klassischen“ Sturm, entstehen bereits 16 Prozent aller Schäden durch immer häufiger auftretende Orkane. Die in den US-Medien häufig genannten Tornados verursachen in Deutschland als „Windhosen“ aber gerade einmal ein Prozent aller Sturmschäden.

 

Leitungswasserschäden – Ein allgemeines Problem

Wird bei Leitungswasserschäden häufig von Pfusch am Bau gesprochen, spiegelt das Schadenbild bei kirchlichen Einrichtungen ein anderes Bild wider. Lediglich ein Prozent aller Leitungswasserschäden ist nachweislich auf fehlerhafte Montagen durch Handwerker zurückzuführen. 78 Prozent aller Schäden treten durch Verschleiß am Rohrnetz ein, wobei die Zuleitungsrohre für kaltes Wasser mit 44 Prozent überproportional betroffen sind. Leitungswasserschäden sind von der Versicherungswirtschaft als allgemeines Problem erkannt worden. Sie beeinflussen die Schadensituation erheblich und führen regelmäßig zu Prämienmehrforderungen. Es ist zu empfehlen, dass zunehmend in Schadenprävention, zum Beispiel in Absperrventile, investiert wird.

 

Fazit: Alte und neue Risiken sinnvoll absichern

Bereits dieser kleine Überblick zeigt, dass kirchliche Gliederungen weiterhin den klassischen Schadengefahren ausgesetzt bleiben und neue Risiken hinzukommen. Es ist abzuwägen, welche Gefahren im Rahmen des Risikotransfers auf die Versicherungswirtschaft zu übertragen sind oder sich für alternative Absicherungsmodelle eignen. Wir beraten Sie gerne.

Stefan Scharf
stefan.scharf@ecclesia-gruppe.de