Der Fall
Ein dreijähriges Mädchen besucht mit seinen Eltern auf dem Friedhof das Grab der Großmutter. Während das Kind die benachbarten Grabsteine in Augenschein nimmt, fällt einer völlig unerwartet um. Das Mädchen wird mit beiden Beinen zwischen dem Grabstein und der Grabeinfassung eingeklemmt und schwer verletzt.
Die Eltern nehmen den Träger des Friedhofs aufgrund einer schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Schadenersatz in Anspruch. Es wird ein Schmerzensgeld von 12.000 Euro gefordert.
Der Haftpflichtversicherer weist die Ansprüche zurück. Seine Begründung: Die Standfestigkeit der Grabsteine wurde von den Mitarbeitenden des Friedhofs regelmäßig überprüft. Der Fall kommt vor Gericht.
Das Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Auch das Gericht konnte keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Friedhofsträgers feststellen. Eine Berufung bleibt erfolglos. Dieser Fall ging zugunsten des Friedhofsträgers beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherers aus.
Die Verkehrssicherungspflicht ist klar geregelt
Die Verkehrssicherungspflicht ist in Deutschland eine deliktsrechtliche Verhaltenspflicht zur Abwehr von Gefahrenquellen, deren Unterlassen zu Schadenersatzansprüchen führen kann (§§ 823 ff. Bürgerliches Gesetzbuch). Entsteht einem Friedhofsbesucher oder einer Friedhofsbesucherin ein Schaden durch einen umgestürzten Grabstein, kann ihm oder ihr ein Anspruch auf Schadenersatz zustehen. Ein Anspruch besteht ausschließlich, wenn der Friedhofsträger die Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. An die Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten im ausreichenden Umfang werden strenge Maßstäbe gestellt.
Träger der Verkehrssicherungspflicht
Der Friedhofsträger ist an die Verkehrssicherungspflichten gebunden. Er ist unter anderem zur Überwachung der Standfestigkeit der Grabsteine und Grabeinfassungen verpflichtet.
Neben dem Friedhofsträger sind auch die Grabnutzungsberechtigten und die Grabsteineigentümer haftpflichtig. Man spricht dann von einer gesamtschuldnerischen Haftung.
Umfang der Verkehrssicherungspflicht
Grabsteine müssen nach den anerkannten Regeln der Technik verankert und so befestigt werden, dass sie dauerhaft standsicher sind und nicht umstürzen oder absinken können – selbst beim Öffnen eines Nachbargrabes. Dies muss der Friedhofsträger in angemessenen Zeitabständen überprüfen. Eine gelegentliche Inaugenscheinnahme reicht nicht aus. Zu berücksichtigen sind auch die Beschaffenheit des Materials und seine Anfälligkeit durch Witterungseinflüsse. Die dadurch entstandenen Mängel können unter Umständen äußerlich gar nicht erkennbar sein.
Ob von Grabsteinen eine Gefahr ausgeht, muss durch kräftiges Anfassen oder auf andere geeignete Weise untersucht werden. So lässt sich feststellen, ob sie noch fest stehen und sich nicht gelockert haben (sogenannte Rüttel- beziehungsweise Druckprobe).
Bereits im Jahr 1961 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ausgeurteilt, dass Grabsteine nach Ende der winterlichen Witterung und des Frostes durch zuverlässig geschultes Personal auf ihre Standsicherheit zu überprüfen sind – wenn nicht besondere Umstände vorliegen.2 Dieses richtungsweisende Urteil ist heute noch aktuell. Werden bei der Kontrolle Mängel festgestellt, muss der Friedhofsträger umgehend Maßnahmen veranlassen – im Zweifel eine Niederlegung des Grabsteins. Bei weniger akuten Fällen reicht eine sichtbare Absperrung aus. Der Friedhofsträger muss jedoch dafür sorgen, dass die Markierung nicht abhandenkommt. Um die Kontrollen – gegebenenfalls auch vor Gericht – nachweisen zu können, empfiehlt es sich, diese umfassend zu dokumentieren.
Grenzen der Haftung
Sofern die Neigung eines Grabsteins deutlich erkennbar ist, kann bei einem Unfall die Besucherin oder den Besucher eines Friedhofs ein Mitverschulden treffen.
Gegenüber dem Nutzungsberechtigten einer Grabstelle trifft den Friedhofsträger generell keine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Gefahren, die von dem Grabstein ausgehen. Nutzungsberechtigte schaffen durch die Errichtung des Grabmals selbst eine Gefahrenquelle. Dies gilt auch gegenüber den Angehörigen, die sie mit der Grabpflege beauftragt haben.3
Schutz vor weiteren Gefahrenquellen
Neben umgestürzten Grabsteinen gibt es durchaus weitere Gefahrenquellen auf einem Friedhof, die zu einem schweren Sach- oder Personenschaden führen können. Abgebrochene Äste oder Stolperfallen durch hochstehende Gehwegplatten seien hier nur beispielhaft genannt. Auch hier bestehen Verkehrssicherungspflichten für den Friedhofsträger.
Da nicht nur schwere, sondern auch tödliche Verletzungen eintreten können, ist für den Friedhofsträger eine ausreichende Haftpflichtdeckung unerlässlich. Im Schadenfall schützt sie vor Ansprüchen Dritter. Der Versicherungsschutz umfasst die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Befriedigung berechtigter und die Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche.
Für die Landeskirchen und Bistümer besteht der Versicherungsschutz in der Regel über Sammelversicherungsverträge. Neben der Haftpflichtversicherung ist eine Unfallversicherung durchaus sinnvoll. Diese schützt Besucherinnen und Besucher zusätzlich finanziell im Falle einer dauerhaften Beeinträchtigung durch einen Unfall auf dem Friedhof.
Jana Pottharst
jana.pottharst@ecclesia.de
1 Abgeleitet aus § 823, Abs. 1 und ergangener Rechtsprechung.
2 Bundesgerichtshof, III ZR 225/59, NJW 1961, 868 = BGHZ 34, 206.
3 Oberlandesgericht Brandenburg, 2 U 21/03, NJW 2004, 2103.
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Guten Tag wenn bei sturm ein Baum in ein Gräberfeld fällt wer übernimmt die Schäden an dem Grab
2. Wer übernimmt sach und Personenschäden durch herunterfallende Äste bei und nach einem Sturm
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