Schutz vor Überschwemmungsschäden
Um Überschwemmungsschäden zu verhindern, hat man im Neubaubereich einen gewissen Handlungsspielraum: bei der Standortwahl, Bauweise und Ausgestaltung von Gebäudeobjekten. Dabei lässt sich nach folgenden drei Grundstrategien vorgehen:
- Ausweichen (räumlich)
- Widerstehen (baulich/technisch)
- Anpassen (baulich/organisatorisch)
Bei Bestandsimmobilien ist dieser Spielraum kleiner. Man muss mit Standortfehlern leben und sich an der bestehenden Gefährdungslage orientieren. Das sollten Objekteigentümer oder -betreiber in ihre Präventionsplanung einbeziehen.
Überschwemmungsrisiko besteht (fast) überall
- Über das Tool „Naturgefahrencheck“ auf dem Verbraucherportal des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) lässt sich die Risikolage eines Gebäudes hinsichtlich Starkregen, Hagel und Flusshochwasser grob einschätzen.
- Tagesaktuell informiert ein bundesländerübergreifendes Hochwasserportal über Gewässerpegelstände.
- Starkregenhinweiskarten innerhalb der Bundesländer bezüglich Oberflächenabfluss geben einen ersten Anhalt für die Gefährdungslage; erhältlich auf den Geoportalen der Bundesländer, zum Beispiel „Starkregehinweiskarte Hessen“ vom Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie.
- Die Hochwasserschutzfibel des Bundesinnenministeriums bietet für Gebäudeeigentümer grundlegende Informationen zu Hochwasser und sehr konkrete Tipps fürs Bauen, Checklisten usw.
Aber auch außerhalb der Bereiche, die durch Gewässer gefährdet sind, nehmen Überschwemmungsschäden an Häufigkeit und Intensität zu. Gemäß einer Studie des GDV (über die Jahre 2015 bis 2019) zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) tritt kurzer Starkregen mit einer Dauer von bis zu neun Stunden in ganz Deutschland mit praktisch gleicher Wahrscheinlichkeit auf. Dieses geschieht zudem häufig überraschend. Gemäß einer aktuellen Starkregenauswertung der Universität Wien fällt dabei in fast 90 Prozent der Fälle ein Großteil der Niederschlagsmenge bereits deutlich vor der Hälfte der Gesamtregendauer.
Öffentliche und private Schutzmaßnahmen
Ist die potenzielle Gefährdungslage ermittelt, stellt sich die Frage nach technischen/organisatorischen Möglichkeiten zur Schadenbegrenzung, im besten Fall sogar Schadenvermeidung. Spätestens hier treffen die eigene und die öffentliche Situation, sprich: die Infrastruktur, aufeinander. Es wird ein Zusammenspiel zwischen Kommunen, Kreis, Land und Objektbetreiber/-eigentümer erforderlich.
a) Öffentliche Lösungen
Kommunikation mit der Gemeinde: Objektbetreiber sollten sich nicht scheuen, ihre Kommunen auf die Brisanz des Themas „öffentliche Kanalsituation“ und möglichen Handlungsbedarf hinzuweisen. Dieser ist oftmals nicht bekannt – oder wird ignoriert. Bund und Länder unterstützen hierbei die Kommunen mit Know-how, angefangen bei kommunaler Bauvorsorge (Bebauungspläne mit speziellem Augenmerk auf Überschwemmungsschutz) bis hin zu Verhaltensvorsorge (Warnsysteme). Informationen gibt es zum Beispiel über: www.lawa.de oderwww.klivoportal.de.
Städteplanung geht heutzutage in Richtung „Sponge Cities“, in denen Wasserspeicher (natürliche und technische) geschaffen werden, damit Wasser nicht schnellstmöglich, sondern langsam durch Bereiche geleitet wird. Ebenfalls ein Thema, das mit öffentlichen Stellen zu diskutieren ist.
b) Eigene Lösungen – Tipps
Baustoffe: Prüfen Sie Materialeigenschaften bezüglich der Wasseraufnahme. Hilfreich hierzu ist der Leitfaden vom Verband der Schadenversicherer (VdS 6002) aus dem Jahr 2021.
Bauart: Entwickeln Sie ein passendes Abdichtungskonzept.
Gebäudenutzung: Etagenweise Anpassung der Gebäudenutzung an die Gefahrenlage, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht über das Schutzziel hinausgehen. Das bedeutet zum Beispiel, in gefährdete Bereiche nicht die teuersten und ertragreichsten Einrichtungen unterzubringen.
Kontrollierte Wasserableitung: Verschiedene Möglichkeiten bieten sich an, siehe nächster Abschnitt.
Entscheidend ist die Zusammenarbeit aller Beteiligten, also Objektbetreiber und Behörden. Technische Insellösungen sind im Einzelfall und kurzfristig sinnvoll, auf Dauer helfen aber auch diese wenig, wenn ganze Straßen und Gebäude weggerissen werden, wie zuletzt beim Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Sommer 2021.
Andreas Iwanowicz
andreas.iwanowicz@ecclesia-gruppe.de
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