In den vergangenen zehn Jahren hat sich eine spezielle Versicherungslösung zur Absicherung von Unternehmenskäufen und -verkäufen auch im deutschsprachigen Raum etabliert: die Warranty-and-Indemnity-Versicherung (W&I), auch Garantieversicherung genannt. Georg von Mangoldt erläutert, warum Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft bei Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions) mit dieser Versicherung ebenfalls gut beraten sind. Georg von Mangoldt ist der Leiter der Abteilung für M&A-Versicherungen in unserer Unternehmensgruppe.

In Unternehmenskaufverträgen verlangt der Käufer regelmäßig vom Verkäufer bestimmte Zusicherungen, die den zu übernehmenden Betrieb beschreiben. Mit einer W&I-Versicherung können Schäden, die sich aus der Verletzung von solchen Garantie- und Freistellungserklärungen ergeben, versichert werden.

Solche Policen kommen in Deutschland derzeit bei etwa 25 Prozent der Akquisitionen mit einem Übernahme-Volumen ab 20 Millionen Euro zum Einsatz. Bei Transaktionen mit größerem Volumen sowie bei internationalen Deals liegt der Anteil bei bis zu 50 Prozent. Dabei ist es in den allermeisten Fällen der Käufer, der sich mit solchen Policen absichert. Nur vereinzelt wird die Versicherung vom Verkäufer abgeschlossen. Grundsätzlich wird sie aber oft vom Verkäufer angeregt oder sogar vorausgesetzt, denn solch eine Lösung kann ihm bei der Wahrung seiner Interessen helfen: Er möchte sein Haftungsrisiko begrenzen, und zwar ohne dass der Käufer wegen mangelnder vertraglicher Haftung eine Reduzierung des Kaufpreises durchsetzt.
 

(Noch) sehr geringer Anteil im deutschen Heilwesenbereich

Im europäischen Ausland wird in den vergangenen Jahren auch im Heilwesenbereich bei Unternehmensverkäufen oder -zusammenschlüssen zunehmend auf solche Policen gesetzt. Das liegt nicht zuletzt an der verstärkten Präsenz von Finanzinvestoren, die seit jeher ein Treiber für derartige Lösungen sind. Bei deutschen Krankenhaus-Übernahmen liegt die Quote zurzeit noch deutlich niedriger.

Bei Transaktionen im Pflegebereich oder in der ambulanten Versorgung schließen Verkäufer oder Käufer bislang sogar nur vereinzelt Garantieversicherungen ab.

Die Gründe sind vielfältig und individuell verschieden. Hier einige Beispiele:

  • Manche Transaktionen liegen unterhalb des Volumens, bei der eine W&I-Versicherung sich prämienseitig rechnet. Hier wird regelmäßig von Versicherungssummen ab etwa 5 Millionen Euro als Untergrenze ausgegangen. Es gibt aber auch für kleinere Deals passende Lösungen.
  • Zum Teil haben Kaufverträge kaum einschlägige Garantie- beziehungsweise Freistellungserklärungen, die mit einer Police gedeckt werden könnten, zum Beispiel beim Verkauf von sanierungsbedürftigen Häusern.
  • Oft findet ein Kauf zwischen Beteiligten statt, die einander und das zu übernehmende Haus gut kennen und deshalb eine sehr schlanke Vertragsgestaltung wählen – verglichen zum Beispiel mit M&A-Transaktionen in der Industrie.
  • Im Fall von gerade im Krankenhausbereich durchaus üblichen Zusammenschlüssen unterscheidet sich die Vertragsgestaltung im Vergleich zu anderen M&A-Projekten noch darüber hinaus, denn hierbei handelt es sich nicht um einen klassischen Verkauf.
  • Bei der ein oder anderen Transaktion muss aber auch davon ausgegangen werden, dass die Versicherung allein deshalb nicht zum Einsatz gekommen ist, weil weder die beteiligten Parteien (also Verkäufer und Käufer), noch ihre Berater hinreichend vertraut waren mit dieser Option.

Unter folgenden Bedingungen kann eine W&I-Versicherung ihren Mehrwert ausspielen

Umfassende Offenlegung:
Da die Gewährleistungsversicherung unbekannte Risiken der Transaktion deckt, ist es für den Versicherer wichtig, dass ein umfassender Offenlegungsprozess stattfindet (Disclosure). Während dieses Prozesses stellt der Verkäufer dem Käufer alle relevanten Informationen zur Verfügung, meistens in einem virtuellen Datenraum.

Der Versicherer erwartet eine sorgfältige Prüfung: Ist es der Käufer, der die W&I-Police abschließt, sollte er sich intensiv mit dem zu übernehmenden Unternehmen beschäftigen und es im Rahmen von sogenannter Due Diligence durchleuchten. Der Versicherer erwartet, Einsicht in diese Reports zu erhalten, um in der oft knapp bemessenen Zeit die Risiken einer komplexen Transaktion zu verstehen. Vor allem will er verstehen, welche Risiken aus den Garantie- und Freistellungserklärungen resultieren, die im Kaufvertrag abgegeben wurden und von ihm, dem Versicherer, in Deckung genommen werden sollen. Dabei geht es ihm nicht darum, im Schadenfall den Ersteller (zum Beispiel externe Fachleute) für etwaige Fehleinschätzungen in Regress zu nehmen. Hierfür werden sogenannte Non-Reliance Letters ausgefertigt, also Haftungsfreizeichnungen zu Gunsten der Ersteller.

Auch der Verkäufer haftet: Aus Sicht des Versicherers ist es zumindest hilfreich, dass auch der Verkäufer selbst haftet und nicht die gesamte Haftung auf den Versicherer verlagert wird. Bei vielen Übernahmen ist es sogar notwendig. Der Mindestbetrag liegt meistens zwischen 0,5 und 1 Prozent des Transaktionsvolumens. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Immobilien, wird manchmal darauf verzichtet oder es wird ein symbolischer Haftungsbetrag von einem Euro vereinbart.

Verhandlung auf Augenhöhe: Zudem verhandeln Verkäufer und Käufer die Garantie- und Freistellungserklärungen. Insbesondere bei Konstellationen, bei denen der Verkäufer nur in sehr geringem Maß vertraglich haftet, ist dies unerlässlich, um eine umfassende Versicherungsdeckung zu bekommen.
 

Vorteile der W&I-Versicherung

Die Haftung des Verkäufers wird ersetzt beziehungsweise erweitert:
Die W&I-Versicherung schließt ein Käufer vor allem bei einer solchen Transaktion ab, bei der ihm die vertragliche Haftung des Verkäufers für die abgegebenen Garantie- und Freistellungserklärungen nicht ausreicht. Im Schadenfall verständigt der Käufer sowohl den Verkäufer als auch den Versicherer und erhält bei einem berechtigten Anspruch Schadenersatz vom Verkäufer. Falls der Schaden die vertraglich vereinbarte Haftungsbegrenzung überschreitet, bekommt der Käufer den verbleibenden Anteil vom Versicherer ersetzt – vorausgesetzt, dieser Anteil ist von der Police umfasst.

Elegante Lösung, wenn der frühere Inhaber jetzt Angestellter ist: Gerade bei Transaktionen, bei denen die Inhaber auch nach der Übernahme im Unternehmen verbleiben, ist die W&I-Versicherung von Vorteil für Käufer und Verkäufer: Im Schadenfall besteht neben der Geltendmachung der Schadenersatzansprüche gegenüber dem damaligen Verkäufer (und gegenwärtigen Angestellten) die Möglichkeit, den finanziellen Schaden stattdessen vom Versicherer ersetzt zu bekommen.

Fazit: Zwar weichen im Gesundheitswesen die Bedingungen für M&A-Transaktionen von denen in anderen Branchen leicht ab. Gleichwohl gibt es viele Gründe, sich verstärkt mit Funktion und Besonderheiten von W&I-Versicherungen zu befassen, um – die passende Transaktion vorausgesetzt – ihre Vorteile nutzen zu können.

Georg von Mangoldt
georg.von-mangoldt@ecclesia-gruppe.de