Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Herbst 2019 hat wesentliche positive Auswirkungen auf die Nutzung eines ZeitWertKontos, die eine Abkehr von der bisherigen Urteilspraxis bedeuten.

Nach dem Spruch des höchsten Arbeitsgerichts in Deutschland entsteht in der Freistellungsphase kein neuer Urlaubsanspruch mehr, weil auch keine Arbeitspflicht besteht. Damit verteuert sich also ein ZeitWertKonto (ZWK) nicht mehr um einen weiteren Urlaubsanspruch aus der Freistellungsphase.

Das Bundesarbeitsgericht hat seine Haltung mit dem Urteil vom 24. September 2019 (BAG 9 AZR 481/18) in Abkehr von der bisherigen BAG-Rechtsprechung korrigiert. Das BAG-Urteil ist zwar zur Altersteilzeit im Blockmodell ergangen, die Argumentation passt aber auch auf Zeiten der vereinbarten Freistellung aus einem ZWK-Wertguthaben. Denn auch dann entfällt vereinbarungsgemäß die Arbeitspflicht.

In ihrem Urteil unterstrichen die Richter noch einmal den Grundsatz: Die Nutzung eines ZeitWertKontos hat keinen Einfluss auf den Urlaubsanspruch. Vor einer Freistellungsphase erworbene Urlaubsansprüche (gesetzliche wie übergesetzliche) bleiben von der Freistellung unberührt, denn die Ansprüche sind ja schon entstanden.
 

BAG-Urteil bezieht sich auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch

In der Freistellungsphase kommt kein neuer gesetzlicher Urlaubsanspruch hinzu, weil dann – wie vereinbart – keine Arbeitspflicht besteht.

Wie wird das in den Berechnungen dargelegt? Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt 24 Werktage inklusive Samstag (§ 3 BUrlG) beziehungsweise 20 Arbeitstage (montags bis freitags). Die Berechnung des Urlaubsanspruchs erfolgt nach den im Urlaubsrecht geltenden allgemeinen Berechnungsgrundsätzen (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Vollzieht sich der Wechsel von der Arbeits- zur Freistellungsphase im Verlauf des Kalenderjahres, muss der gesetzliche Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten berechnet werden. Die Arbeits- und die Freistellungsphase sind dabei gleichermaßen entsprechend der vertraglich vorgesehenen Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu berücksichtigen. Während der Freistellungsphase gibt es keine arbeitspflichtigen Tage.
 

Übergesetzlicher Urlaubsanspruch muss gesondert betrachtet werden

Das BAG hat nur über den gesetzlichen Urlaubsanspruch entschieden. Im Regelfall verweisen die meisten Tarifverträge und Arbeitsrechtsregelungen des dritten Weges (ARR, AVR) auf die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes. Wenn das so ist, entstehen während der Freistellungsphase auch keine weiteren übergesetzlichen Urlaubsansprüche. Es kann aber auch Abweichungen oder unklare Regelungen geben. Dann entstehen in der Freistellungsphase womöglich doch weitere übergesetzliche Urlaubsansprüche. Entscheidend dafür ist, was in Tarifvertrag/ARR oder Arbeitsvertrag genau vereinbart ist.
 

Möglicher Ausweg: Eine besondere Regelung für ZeitWertKonten

Aber auch in so einem Fall lässt sich eine besondere Regelung für ZeitWertKonten wirksam schaffen. Voraussetzung dafür ist, dass schon geltende arbeitsrechtliche Regelungen – also zum Beispiel ein Tarifvertrag, eine einbezogene AVR, eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung etc. – dem nicht widersprechen, sondern einen Spielraum dafür lassen. In diesem Fall lässt sich entweder einzelvertraglich oder durch eine Betriebs-/Dienstvereinbarung folgende Verabredung treffen: „Während der Freistellung erworbene übergesetzliche Urlaubsansprüche gelten pro Freistellungsmonat im Verhältnis von 1/12 des Jahresurlaubs als gewährt und genommen.“ Wenn eine solche Regelung wirksam möglich ist, hat sie zur Konsequenz, dass in der Freistellungsphase keine weiteren übergesetzlichen Urlaubsansprüche entstehen.

Michael Schwab, Geschäftsführer Deutsche Gesellschaft für ZeitWertKonten mbH
michael.schwab@ecclesia-gruppe.de