Das Ehrenamt wird auch als „das Rückgrat der Gesellschaft“ bezeichnet. Ohne ehrenamtliches Engagement würden in vielen Lebensbereichen große Lücken entstehen. Insofern ist es für uns alle von besonderer Bedeutung, dass Menschen sich engagieren. Dass sie das unbesorgt und mit voller Konzentration tun können, dafür sorgt im Hintergrund auch der Versicherungsschutz, den Einrichtungen und Organisationen über unsere Unternehmensgruppe abgeschlossen haben. Regina Schneider, Versicherungsexpertin im Bereich Ehrenamt, informiert über Haftung und den Versicherungsschutz.

Ehrenamt wird auch als bürgerschaftliches Engagement ­bezeichnet. Eine gesetzliche ­Definition gibt es nicht, aber es gibt ­einige Kriterien, die erfüllt sein sollten.


Jugendliche engagieren sich

Laut Bundesministerium für Familie, ­Senioren, Frauen und Jugend sind es auch viele junge Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Hier einige wissenswerte Fakten:

Fast die Hälfte aller Menschen zwischen 14 und 25 Jahren (49,2 Prozent) in Deutschland engagiert sich freiwillig.

Im Alter von 14 bis 17 Jahren ist die Beteiligung am freiwilligen Engagement am höchsten (53,8 Prozent).

Das von jungen Menschen am häufigsten genannte Motiv für ehrenamtliche Arbeit ist Spaß an der Tätigkeit.

14- bis 17-Jährige engagieren sich vor allem in folgenden Bereichen:

  • Sport und Bewegung: 27,5 Prozent
  • Schule und Kindergarten: 15,4 Prozent
  • Kirche und Religion: 15 Prozent

In den meisten Fällen findet dieses ­Engagement innerhalb von eingetragenen Vereinen, Körperschaften (Kirche, Kommune) oder auch gemeinnützigen Gesellschaften wie zum Beispiel in der Jugend- und Altenhilfe statt.

Die Tätigkeit

… ist freiwillig – in Abgrenzung zu vertraglich festgelegter oder ab­hängiger Erwerbstätigkeit.

… ist unentgeltlich – im Gegensatz zur bezahlten Arbeit; eine Auslagenerstattung ist unbedenklich.

… erfolgt für andere – in Abgrenzung zur Selbsthilfe, die deutlich eigen­bezogen ist.

… findet in einem organisatorischen Rahmen statt – in Abgrenzung zu ­individueller oder spontaner Hilfe­leistung und zu informellen Systemen wie Familie und Nachbarschaft.

… erfolgt möglichst kontinuierlich – in Abgrenzung zu einmaliger und ­kurzfristiger Hilfe.

Haftung und Versicherungsschutz

Aktuell ist durch die Situation in der Ukraine die Bereitschaft zu helfen und ehrenamtlich tätig zu werden, noch größer geworden. Aber was passiert, wenn jemand während der ehrenamtlichen Tätigkeit einen Schaden verursacht? Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist sinngemäß festgehalten, dass eine Person, die einer anderen schuldhaft einen Schaden zufügt, zum Schadenersatz verpflichtet ist.

Findet das ehrenamtliche Engagement in Vereinen, Kirchengemeinden etc. statt, deren Haftpflicht-Versicherungsschutz wir gestaltet haben, kann an dieser Stelle ein positives Signal gesendet werden. Denn die von uns ausgearbeiteten Haftpflichtkonzepte sehen in der Regel auch umfassenden Versicherungsschutz für ehrenamtlich Engagierte vor.

Grundsätzlich besteht für die persönl­iche gesetzliche Haftpflicht der Ehrenamtlichen aus der Verrichtung von ­vereins- beziehungsweise einrichtungsbezogenen Tätigkeiten Versicherungsschutz. Das Alter des Schadenverursachenden ist dabei erst einmal unerheblich.

Die vertraglichen Leistungen des Versicherers sind folgende:

  • Prüfung der Haftung dem Grunde und der Höhe nach
  • Regulierung berechtigter Schadenersatzansprüche bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssummen
  • Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche

Wichtig: Eigenschäden sind nicht versichert!

Vorsätzlich oder fahrlässig?

Wir gehen davon aus, dass der Schaden nicht vorsätzlich verursacht oder billigend in Kauf genommen wurde (in diesem Fall besteht zwar eine Haftung, aber grundsätzlich kein Versicherungsschutz).

Im Falle von Fahrlässigkeit – egal, ob einfache oder grobe Fahrlässigkeit – besteht eine Haftung und entspre­chende Deckung, die in den von uns gestalteten Absicherungskonzepten eingeschlossen ist.

Gibt es noch etwas zu beachten? – Besonderheiten

Ja – insbesondere, wenn es sich um Jugendliche im Ehrenamt unter 18 ­handelt.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Kinder und Jugendliche vom vollendeten 7. bis zum vollendeten 18. ­Lebensjahr deliktunfähig, sofern sie zum Schadenzeitpunkt nicht die er­forderliche Einsichtsfähigkeit hatten. Einsichtsfähigkeit meint sinngemäß: Die Handlung und etwaige daraus resultierende Konsequenzen können umfänglich eingeschätzt werden.

Bei fehlender Einsichtsfähigkeit besteht also unter Umständen keine Haftung, und somit kann keine Regulierung im Rahmen des Haftpflichtvertrages erfolgen. In diesen Fällen besteht allerdings Versicherungsschutz für die Abwehr von Ansprüchen.

Augen auf bei der Wahl der ­Ehrenamtlichen

Bei der Auswahl der ehrenamtlich Tätigen sollte stets die Eignung für die Tätigkeit beurteilt werden – unabhängig vom Alter. Aber auch hier bieten unsere speziellen Bedingungen Schutz: Wird dem Verantwortlichen ein Auswahlverschulden angelastet (das heißt, die oder der Ehrenamtliche war für die entsprechende Tätigkeit nicht geeignet), besteht über die Absicherungskonzepte unserer Unternehmensgruppe Haftpflichtversicherungsschutz für geltend gemachte Schadenersatzansprüche.

Bei Jugendlichen ist der individuelle Entwicklungsstand zu beachten.

Bei Ehrenamtlichen unter 18 ist das Jugendschutzgesetz (JuSchG) zu berücksichtigen.

Mögliche Schadenszenarien – versichert oder nicht?

Zwei Beispiele:

Zur Sammlung von Spenden für die Flüchtlingshilfe organisiert die Kirchengemeinde einen Spendenflohmarkt. Die 14-jährige Lisa will die Aktion ehrenamtlich unterstützen. Sie hilft beim Aufbau und installiert zum ersten Mal einen großen Sonnenschirm. Aufgrund der unsachgemäßen Befestigung fällt der Schirm auf einen Besucher des Flohmarktes.

Beim Abholen einer Möbelspende für die Flüchtlingshilfe beschädigt der 16-jährige Tom die Zimmertür der Spenderin.

Besteht in diesen Fällen ­Versicherungsschutz?

Versicherungsschutz für die Ehrenamtlichen besteht! In welcher Form die Leistung des Versicherers erfolgt – Regulierung oder Abwehrschutz –, ist dem Einzelfall und den individuellen Umständen des Schadenfalls vorbehalten.

Unter Umständen können die Jugendlichen als deliktunfähig eingestuft werden. Die/der Geschädigte (= Anspruchstellende) kann aufgrund eines Auswahlverschuldens an die verantwortliche Person herantreten. (Beispielsweise: Wenn die Jugendliche noch nie einen Sonnenschirm aufgebaut hat, wurde mit Lisa die falsche Person beauftragt). In diesem Fall ist es ohnehin nicht erforderlich, Lisa als Schadenverursacherin in Anspruch zu nehmen.

Wichtig ist: Ein Schaden muss nicht „aus der eigenen Tasche“ gezahlt werden.

Oder doch die eigene private ­Versicherung einspringen lassen?

Manchmal – vielleicht wegen persönlicher Verbindungen – ist es unangenehm, dass ein Schaden aufgrund der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen nicht reguliert wird. Die Idee, dass bei deliktunfähigen Kindern und Jugendlichen dann die private Haftpflichtversicherung der Eltern – über die der oder die Ehrenamtliche mitversichert ist – einspringen kann, führt unter Umständen nicht zu dem gewünschten Ziel. Im Rahmen einer privaten Haftpflichtversicherung besteht Versicherungsschutz für die persönliche gesetzliche Haftpflicht der versicherten Person aus den Gefahren des täglichen Lebens. Es gibt zwar den Ausschluss für Schäden, die aus der Tätigkeit eines Betriebes, Berufes, Dienstes oder Ehrenamtes heraus resultieren, allerdings wird der Ausschluss „Ehrenamt“ – gemäß Empfehlung des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) – üblicherweise auf eine verantwortliche Tätigkeit beschränkt.

Was bedeutet dies für unsere ­dargestellten Schadenszenarien?

Da es sich in diesen Fällen nicht um eine verantwortliche Tätigkeit handelt, greift der genannte Ausschluss nicht – allerdings gibt es noch immer die Thematik „Delikt(un)fähigkeit“ zu beachten, die im Einzelfall bewertet werden muss.

Ehrenamtliche Tätigkeit außerhalb einer rechtlich selbstständigen Organisation

Schließen sich Personen für eine ehrenamtliche Tätigkeit aus Eigeninitiative zusammen, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen, besteht unter Umständen Haftpflichtversicherungsschutz über das jeweilige Bundesland. Denn zahlreiche Bundesländer haben erkannt, dass auch dieses Engagement für die Gesellschaft einen Schutz benötigt. Wichtig sind dafür aber die folgenden Kriterien:

  • Die Tätigkeit wird in diesem Bundesland ausgeübt oder geht von dort aus.
  • Sie findet in rechtlich unselbstständigen Vereinigungen statt.
  • Sie dient dem Wohle des Gemeinwesens.

Fragen zum genauen Umfang Ihres ­bestehenden Haftpflichtversicherungsschutzes beantwortet Ihre Ansprechpartnerin oder Ihr Ansprechpartner gerne.
 

Regina Schneider
regina.schneider@ecclesia.de