Naturereignisse wie Stürme und Starkregen werden häufiger und in ihrer Intensität stärker. Davon gehen die Meteorologen aus. Auch die Versicherungswirtschaft richtet sich darauf ein. Beide sehen darin Folgen des Klimawandels. Was heißt das für die Versicherten? Was muss bei einem Sturmschaden getan werden? Darüber berichtet die Versicherungsbetriebswirtin Bettina Janik aus unserem Unternehmensbereich Schaden.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat Ende August die Unwetter-Halbjahresbilanz 2019 veröffentlicht. Im ersten Halbjahr wurden durch Sturm, Hagel, Blitz und Starkregen an Kraftfahrzeugen und Wohngebäuden Schäden in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro verursacht. „Trotz vieler Hagelschäden an Autos rechnen wir derzeit mit einem normalen Schadenjahr 2019“, sagte Bernd Guse, Mitglied der GDV-Geschäftsführung.

Doch diese Nachricht gibt keinen Grund zur Beruhigung. Nach Ansicht des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wird die Häufigkeit und Intensität von Stürmen über West- und Mitteleuropa durch den Klimawandel zunehmen. Auch der GDV warnt in einer Studie, die in Kooperation mit Klimaforschern entstanden ist, vor den schwerwiegenden Folgen des Klimawandels. Er rechnet mit größeren Schäden durch Überschwemmungen und extreme Stürme. Traten sie bislang statistisch gesehen alle 50 Jahre auf, drohen Orkane wie „Christian“, „Xaver“ oder „Friederike“ statistisch bald alle zehn Jahre.
 

Wann ist ein Sturmschaden ein Versicherungsfall?

Die Definition von Sturm und Hagel sowie die Erläuterungen zum Versicherungsschutz finden sich in den jeweiligen Versicherungsbedingungen. Die Versicherer sprechen ab Windstärke 8 von Sturm, was einer Windgeschwindigkeit von 62 Kilometern pro Stunde entspricht.

In der Praxis wird üblicherweise eine Wetteranfrage bei einem meteorologischen Institut eingeholt, um zu prüfen, ob diese Bedingung erfüllt ist. Aber gerade bei lokal sehr begrenzt auftretenden Wetterereignissen ist die Windstärke oft nicht nachweisbar. Dann wird die Windstärke unterstellt, wenn der Versicherte einen Nachweis erbringt, dass

  • der Sturm auch in der Umgebung Schäden angerichtet hat oder
  • das Gebäude in einwandfreiem Zustand ist und der Schaden nur durch Sturm entstanden sein kann.

Für den Nachweis von Hagel gelten dieselben Bedingungen wie für den von Sturm. Schäden durch Hagel sind durch die Sturm- und Hagelsachschadenversicherung auch versichert, wenn sie unabhängig von einem Sturm entstehen.
 

Was können Sie als Gebäudeeigentümer zur Vermeidung von Sturmschäden unternehmen?

Unwetter- oder Orkanwarnungen, die vom Deutschen Wetterdienst herausgegeben werden, sollten Gebäude­besitzer immer ernst nehmen und potenzielle Gefahrenquellen für einen Sturmschaden vorher beseitigen. Daher sollten Sie rechtzeitig vor einem Sturm

  • Fenster schließen,
  • Markisen einfahren,
  • Rollläden ganz hoch- oder runterlassen,
  • das Grundstück kontrollieren,
  • lose Gegenstände im Freien in Sicherheit bringen oder befestigen.

Wichtig ist dabei aber, dass Sie sich nicht selbst in Gefahr bringen.

Bitte beachten Sie auch die vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften. Danach muss der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen oder Gebäude, Dächer und außen an den Gebäuden angebrachte Sachen stets im ordnungsgemäßen Zustand halten und Mängel, Störungen oder Schäden unverzüglich nach den anerkannten Regeln der Technik beseitigen lassen. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheiten kann zur Einschränkung der Leistungspflicht führen.
 

Verhalten im Schadenfall

Sobald der Sturm vorüber ist, sollten Sie bei einem Kontrollgang prüfen, ob er Schäden verursacht hat. Wenn ja, müssen Sie handeln.

Schadenmeldung: Melden Sie die Schäden unverzüglich. Geben Sie dabei unbedingt den Schadenort, den Schadentag und den Schadenumfang – soweit bekannt – an.

Schadenminderung: Im Rahmen der Schadenminderungspflicht müssen Sie die Schäden so gering wie möglich halten, zum Beispiel eine Notabsicherung vornehmen beziehungsweise vornehmen lassen, damit sich der Schaden nicht noch vergrößert, oder Inventar aus den betroffenen Räumen in Sicherheit bringen.

Schadendokumentation: Grundsätzlich müssen Sie das Schadenbild so lange unverändert lassen, bis die Schadenstelle oder die beschädigten Sachen durch den Versicherer freigegeben worden sind. Ist dies nicht möglich und sind Veränderungen unumgänglich, so müssen Sie das Schadenbild nachvollziehbar dokumentieren (zum Beispiel durch Fotos) und die beschädigten Sachen bis zu einer Besichtigung durch den Versicherer aufbewahren.

Wir empfehlen daher, aussagekräftige Fotos, die den Schadenumfang dokumentieren, anzufertigen – möglichst mit einigen Detailbildern. Auch hier gilt: Gefährden Sie sich nicht selbst. Unzugängliche Schäden, zum Beispiel am Dach, sollte besser die Reparaturfirma fotografieren.

Schadenbeseitigung: Notreparaturen können Sie im Rahmen der Schadenminderung sofort ausführen (bitte Schadenumfang dokumentieren). Andere Reparaturaufträge sollten Sie erst nach Freigabe an Handwerker oder andere Dienstleister vergeben beziehungsweise Ersatz für beschädigte Gegenstände kaufen.
 

Betriebsunterbrechung

Sturm und Hagel führen aber nicht nur zu Sachbeschädigungen, die durch die entsprechende Gebäudeversicherung abgedeckt werden. Hier – wie auch bei Elementarschäden, beispielsweise durch Hochwasser – spielen Schäden durch Betriebsunterbrechung eine immer größere Rolle. Zerstört Hagelschlag die Module einer Photovoltaikanlage, schlägt der Betriebsausfall erheblich zu Buche. Denn die Kosten bleiben, der Ertrag fällt aus.

Durch die Wetterextreme, die in Folge des Klimawandels häufiger auftreten werden, kommt es nicht nur zu Sturmschäden. Die Hälfte aller Überschwemmungsschäden wird zum Beispiel durch Starkregen verursacht, der versicherungstechnisch zu den erweiterten Elementargefahren gezählt wird und somit nur über eine Elementarschadenversicherung gedeckt werden kann. Diese Versicherungen sind aber längst nicht so weit verbreitet, wie man angesichts der zahlreichen „Jahrhunderthochwasser“ der vergangenen Jahre meinen sollte. 57 Prozent der deutschen Wohngebäudebesitzer sind nicht dagegen versichert.
 

Was umfasst die Zusatzdeckung der weiteren Elementargefahren?

Überschwemmung, Starkregen

Die versicherungstechnische Definition einer Überschwemmung klingt zunächst nüchtern: Es handelt sich demnach um eine Überflutung des Grunds und Bodens des Versicherungsortes mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch

  1. Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern,
  2. Witterungsniederschläge,
  3. Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche infolge von 1. oder 2.

Die Hochwasser an Elbe und Donau 2002 und 2013 kommen den meisten beim Stichwort Überschwemmung zuerst in den Sinn. Bilder von zerstörten Innenstädten, von Bundeswehr und Hilfsorganisationen beim Kampf um berstende Deiche stehen jedem vor Augen.

Doch Überschwemmungen sind keine Phänomene, die sich nur entlang großer Flüsse ereignen. Starkregen können jede Region treffen und an einem Ort erhebliche Überschwemmungsschäden anrichten, während im Nachbarort fast nichts davon zu spüren ist. Denn zahlreiche Gegebenheiten spielen dafür eine Rolle – das Wasseraufnahmevermögen der Böden, der Zustand der Vegetation und nicht zuletzt die Unberechenbarkeit, mit der beispielsweise Gewitterzellen auftreten.

Egal ob kleinere Objekte wie Büros, Kitas, Wohngemeinschaften oder größere Standorte wie Seniorenresidenzen, Hotels, Krankenhäuser oder auch Produktionsstätten – wie die Erfahrungen unser Unternehmungsgruppe aus den vergangenen Jahren zeigen, kommt es durch Überschwemmungen nicht nur zu Schäden an Inventar und Gebäude. Sie sind auch Ursache für große Betriebsunterbrechungsschäden. Deshalb sollte bei dem Thema auch auf den Betriebsunterbrechungsschutz geachtet werden. 
 

Schneedruck und Lawinen

Schneekatastrophen haben zum Teil ähnliche Ursachen wie Überschwemmungen – zu viel Niederschlag in kurzer Zeit. Ein besonders tragischer Fall war im Jahr 2006 der Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall durch Schneelast. 15 Menschen starben. Im Januar 2019 löste sich eine Lawine und traf das Hotel „Hubertus“ in Balderschwang im Oberallgäu mit voller Wucht. Teilweise bis in den zweiten Stock drangen die Schneemassen ein und zerstörten großflächig den Komplex. Glücklicherweise wurde dabei niemand verletzt.
 

Vulkanausbruch und Erdbeben

Obwohl es in Deutschland seit Hunderten von Jahren keinen spektakulären Ausbruch mehr gegeben hat, gibt es vulkanische Gebirgsregionen, einige der Vulkane hierzulande gelten nach wie vor als aktiv. Erdbeben kommen ebenfalls vor.

Im Jahr 2017 registrierte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 28 Erdstöße mit einer Magnitude von 2,5 oder mehr. Häufig lag das Epizentrum außerhalb Deutschlands, die Erschütterungen strahlten aber hierher aus. Beim Erdbeben von Roermond (Niederlande) im Jahr 1992 wurden in Nordrhein-Westfalen mehr als 30 Personen verletzt, die Sachschäden wurden auf deutscher Seite auf etwa 150 Millionen Mark beziffert.
 

Erdsenkung und Erdrutsch

Versichert ist dabei eine naturbedingte Absenkung des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen. Wenn die Erde sich bewegt, können Häuser schweren Schaden nehmen, vom Riss in der Fassade bis zum Einsturz. In Schmalkalden entstand im Jahr 2010 durch einen Erdfall ein Krater von 30 mal 30 Metern und rund 20 Metern Tiefe.

Vor allem in den Alpen, aber auch in den Mittelgebirgen Bayerns verursachen Erdrutsche, Berg- oder Felsstürze sowie Steinschlag immer wieder große Schäden. Anlass für einen Erdrutsch ist in vielen Fällen eine starke Durchnässung des Bodens. Im Jahr 2010 stürzte im oberbayerischen Stein an der Traun ein gewaltiger Felsbrocken auf ein Wohnhaus. Zwei Bewohner starben, zwei weitere wurden verletzt.
 

Fazit:

Da in Zukunft mit zunehmenden Wetterextremen und Naturkatastrophen gerechnet werden muss, wird eine ausreichende Vorsorge immer dringlicher. Weiterhin unterschätzen viele Hausbesitzer die Gefahr, die etwa von Starkregen ausgeht. Klimaforscher sehen in häufigeren Starkregen-Ereignissen und daraus folgenden Überschwemmungen das zweitgrößte Risiko des Klimawandels. Ein umfassender Versicherungsschutz gegen Elementarschäden ist in den meisten Fällen sinnvoll und möglich.

Bettina Janik
bettina.janik@ecclesia-gruppe.de