Trotz größtmöglicher Sorgfalt kann es bei der täglichen Arbeit zu Fehlern kommen, die einen Sachschaden und im schlimmsten Fall einen Personenschaden zur Folge haben. Teilweise werden diese grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich herbeigeführt. Im ersten Teil der zweiteiligen Reihe stellen der Jurist Stefan Rössger und Versicherungsexperte Daniel Fahrenkamp aus unserer Unternehmensgruppe die Grundlagen der Haftung und den Umfang des Schadenersatzes dar. Im zweiten Teil wird es um die Haftungsbeschränkungen zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und um geeignete Versicherungslösungen gehen.


Personen-, Sach- oder Vermögensschäden haben möglicherweise arbeitsrechtliche Folgen. Daneben besteht die Verpflichtung, den entstandenen Schaden zu ersetzen – sofern ein Verschulden vorliegt. Das deutsche Haftungsrecht sieht grundsätzlich eine Haftung des Schädigenden mit seinem gesamten Vermögen vor. Da dies insbesondere bei einer angestellten Tätigkeit als unangemessen empfunden wird, wurde durch die Rechtsprechung das Modell des sogenannten innerbetrieblichen Schadenausgleichs entwickelt. Dieser sieht umfangreiche Haftungsbeschränkungen zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor. Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gibt es insbesondere drei Konstellationen im Hinblick auf Haftungsfragen: Schädigung des Arbeitgebers, Schädigung von Arbeitskolleginnen und -kollegen, Schädigung von Dritten.



1. Schädigung des Arbeitgebers

Schuldhafte Pflicht- oder Rechtsgutverletzung

Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind durch einen Arbeitsvertrag verbunden. Der Arbeitsvertrag ist rechtlich ein Dienstvertrag im Sinne des § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Durch diesen werden Beschäftigte zur abhängigen und unselbstständigen Arbeit und der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schulden übrigens keinen bestimmten Erfolg, sondern die Erbringung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber, anders als bei einem Werkvertrag, bei mangelhaften Arbeitsleistungen keinen Gewährleistungsanspruch gegen seine Beschäftigten hat. Unter Umständen müssen Beschäftigte jedoch Schäden, die aufgrund einer mangelhaften Arbeitsleistung eingetreten sind, ersetzen.

Neben der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sogenannte Nebenpflichten einhalten. Das Gesetz spricht hier von der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme der Vertragsparteien auf die Rechte und Interessen des jeweils anderen:1

Aus dieser Verpflichtung zur Rücksichtnahme ergeben sich Schutz- und Obhutspflichten. So muss mit den zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln so pfleglich umgegangen werden, dass diese nicht beschädigt und Schäden vom Betrieb abgewendet werden.
 

Ersatzfähige Schäden

Als Schäden werden alle Einbußen definiert, die Geschädigte an ihren Rechtsgütern wie Eigentum oder Gesundheit erleiden.

Ersetzt werden müssen unter anderem

• Objektschäden bei Beschädigung oder Zerstörung von Gebäuden, Maschinen oder sonstigen Arbeitsmitteln,

• entgangene Verkaufsgewinne,

• mittelbare Schäden, wie der Nutzungsausfall bei Kraftfahrzeugen oder der Verlust eines Schadenfreiheitsrabattes,

• Folgeschäden mangelhafter Arbeitsleistung (zum Beispiel Reparaturaufwand, zusätzliche Personalkosten),

• Detektivkosten, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin die Überwachung durch einen Detektiv anordnet und der/die Arbeitnehmer/-in einer vorsätzlich vertragswidrigen Handlung überführt wird.

Eine Haftung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers für Schädigungen des Arbeitgebers besteht dann, wenn die genannten Pflichten schuldhaft verletzt werden.2

Daneben kommt auch die sogenannte deliktische Haftung in Betracht.3 Diese greift, wenn ein geschütztes Rechtsgut, zum Beispiel die Gesundheit oder das Eigentum des Arbeitgebers, verletzt wird. Auch hier muss der/die Beschäftigte schuldhaft und zudem rechtswidrig gehandelt haben.



2. Schädigung von Arbeitskolleginnen und -kollegen

Werden Arbeitskolleginnen und -kollegen geschädigt, muss bei der Haftung zwischen Sach- und Vermögensschäden einerseits und Personenschäden andererseits unterschieden werden.

Bei schuldhaft verursachten Sach- und Vermögensschäden bestehen haftungsrechtlich keine Besonderheiten. Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer haftet gegenüber den Kolleginnen und Kollegen ebenso wie gegenüber außenstehenden Dritten. Die Haftung richtet sich nach der deliktischen Haftung.4 Dabei haftet der/die Verursachende bereits bei leichtester Fahrlässigkeit mit dem gesamten Vermögen.

Hiervon kann die Haftung für Personenschäden abweichen. Handelt es sich um einen durch eine betriebliche Tätigkeit verursachten Arbeitsunfall, besteht eine Haftung nur, wenn dieser vorsätzlich oder im Rahmen eines so genannten Wegeunfalles herbeigeführt wurde.5

Steht der Personenschaden in keinem oder nur losem Zusammenhang mit dem Betrieb, fällt dies in das allgemeine Lebensrisiko des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin. Die Haftung richtet sich in diesem Fall wiederum nach den allgemeinen Grundsätzen der deliktischen Haftung.6



3. Schädigung von Dritten

Da der/die Arbeitnehmer/-in in aller Regel in keiner vertraglichen Verbindung zu geschädigten Dritten steht, richtet sich auch hier die Haftung nach den Regelungen der deliktischen Haftung in Verbindung mit einem Schutzgesetz. Schutzgesetze sind alle Rechtsnormen, die neben dem Schutz der Allgemeinheit auch dazu dienen sollen, den Einzelnen gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen, zum Beispiel Diebstahl oder Körperverletzung.7

Daniel Fahrenkamp
daniel.fahrenkamp@ecclesia-gruppe.de

Stefan Rössger
stefan.roessger@ecclesia-gruppe.de


1 Siehe § 241 Abs. 2 BGB.

2 Siehe § 280 Abs. 1 BGB.

3 Siehe § 823 ff. BGB.

4 Siehe § 823 BGB.

5 Die Auswirkungen des Haftungsprivilegs nach § 105 Sozialgesetzbuch VII werden im zweiten Teil dieser Reihe ausführlich dargestellt.

6 Siehe § 823 BGB.

7 Siehe § 823 Abs. 1 und 2 BGB; §§ 223, 242 Strafgesetzbuch.