Ann-Kathrin Henze, BARMER-Geschäftsführerin in Detmold, zum Thema „Gesunde Mitarbeitende, gesundes Unternehmen“

Warum sollten Unternehmen die Gesundheit ihrer Beschäftigten fördern?

Ann-Kathrin Henze: Das Wichtigste: Eine gute Gesundheitsförderung im Unternehmen wirkt sich für die Mitarbeitenden positiv aus. Sie verringert ihre gesundheitlichen Belastungen und Beschwerden. Das gesündere Verhalten im Betrieb kann sich auf das Private übertragen und zu mehr Zufriedenheit und einer positiveren Einstellung führen. Das wirkt sich dann gesamtunternehmerisch aus. Gesündere Beschäftigte bedeuten weniger Kosten durch krankheitsbedingte Fehlzeiten. Die Leistungsfähigkeit der Kolleginnen und Kollegen kann sich verbessern. Eine stärkere gesundheitliche Eigenverantwortung kann auch die Bereitschaft fördern, mehr Verantwortung im Betrieb zu übernehmen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der Imagegewinn: Ein Unternehmen, das die Gesundheit der Beschäftigten fördert, hat bessere Chancen bei der Gewinnung von Fachkräften. 
 

Wie können kleine Unternehmen ihre Mitarbeitenden fit halten?

Ann-Kathrin Henze: Chefinnen und Chefs sollten Augen und Ohren offenhalten und sich regelmäßig mit der Belegschaft austauschen. Für Veränderungen muss die Führung offen sein. Bei der gesundheitlichen Förderung sollten Führungskräfte Multiplikatoren sein. Meist gibt es niemanden im Betrieb, die oder der sich um die Gesundheitsförderung kümmern kann. Kleinere Unternehmen können hier externe Ressourcen nutzen. Krankenkassen und Unfallversicherungsträger sind neben den regionalen Netzwerken gute Ansprechpartner. Sie haben Erfahrung darin, gerade auch mit kleineren Unternehmen ein bedarfsgerechtes Programm zusammenzustellen.


Größere Unternehmen haben mehr Kapazitäten. Was können sie tun?

Ann-Kathrin Henze: Auch hier müssen die Verantwortlichen offen für Neues sein und einen guten Blick für Ressourcen und Belastungen der Beschäftigten haben. Größere Unternehmen können die Führungskräfte stärker in das Thema Gesundheitsförderung einbinden. Arbeitsmittel und organisatorische Abläufe lassen sich gesundheitsfördernd gestalten, zum Beispiel kürzere und zielgruppengerechtere Kommunikationswege oder flexible Arbeitszeiten. Die Themen Gesundheitsförderung und Organisationsentwicklung werden in größeren Unternehmen häufig hauptamtlich betreut. Aber auch für sie ist es sinnvoll, das Wissen externer Partner zu nutzen. 


Was können Krankenkassen zu der Gesunderhaltung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beitragen?

Ann-Kathrin Henze: Sie können bei der Analyse von Bedarfen, dem Aufbau von Strukturen, der Motivation und Sensibilisierung der Beteiligten und letztlich bei der Maßnahmenplanung und -umsetzung unterstützen. Sie bieten auch eine Evaluation der Ergebnisse an. Zudem sind finanzielle Förderungen bei der Umsetzung von entsprechenden Projekten möglich.   


Welche guten Erfahrungen hat Ihre Krankenkasse gemacht?

Ann-Kathrin Henze: Bei der Bedarfsermittlung analysieren wir beispielsweise das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen im Unternehmen. Dabei gehen wir unter anderem der Frage nach, wie häufig bestimmte Diagnosen zu Krankmeldungen führen. Ebenso gehören sogenannte Screenings der Beschäftigten zu unserem Portfolio: Bewegungstests, Herz-Kreislauf-Checks, Stresstests, Körperanalysen und andere Methoden liefern uns ein umfangreiches Bild zum Gesundheitszustand der Kolleginnen und Kollegen. 

Neben dem analytischen Bereich haben wir diverse Angebote zu Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung. Fast alle Angebote sind inzwischen digital durchführbar. Vor allem in Zeiten der Pandemie und einer hohen Homeoffice-Quote ist das ein Plus. Hier ist zum Beispiel der Digital Health Guide als langfristige Plattform und die App zur Unterstützung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) eine große Hilfe. Hier finden Beschäftigte ein Assessment, mit dem sie sich individuelle Ziele setzen und passende Maßnahmen nutzen können. Der Arbeitgeber hat ein Gesundheits-Dash-Board mit Daten auf Basis einer integrierten Beschäftigtenbefragung und kann den Beschäftigten daraus abgeleitete Maßnahmen anbieten.
 

Welche Vorteile, aber auch Nach­teile bieten Gesundheits-Apps?

Ann-Kathrin Henze: Digitale Angebote per App sind individuell, ortsungebunden und jederzeit nutzbar. Die Digitalisierung hat den Zugang zur Gesundheitsförderung vereinfacht. Weil alles relativ einfach und auch zeitsparender gelingt, hat der „innere Schweinehund“ deutlich schlechtere Karten. Aber es gibt auch Nachteile. So kann das mittlerweile große Angebot an Apps manchen verwirren. Oder in der Unübersichtlichkeit lassen sich qualitativ hochwertige Angebote von weniger guten nur schwer unterscheiden. Zum Nachteil kann auch werden, wenn die jeweilige App alleine genutzt wird. Es fehlt ein Austausch mit Trainerinnen oder Trainern. Daher muss der Aufbau einer App sinnvoll und verständlich sein.