Jan Rott trainiert ehrenamtlich eine Jugendfußballmannschaft. Bei der Ecclesia hat er gerade seine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen abgeschlossen und ist zuständig für Kunden aus dem ambulanten Gesundheitswesen.

Schon in der Schule hat Jan Rott sich ehrenamtlich engagiert: Er hat eine Ausbildung zum Sporthelfer absolviert und dann mit den jüngeren Kindern in den Pausen Bewegungsspiele gespielt oder ein bisschen gekickt. So wurde die überschüssige Energie der Schülerinnen und Schüler in Bahnen gelenkt, bevor sie sie in Dummheiten umsetzen konnten. Irgendwann hat ihn sein Sportlehrer gefragt, ob er nicht in seiner Freizeit Fußballtrainer einer Jugendmannschaft werden wolle. Das war vor vier Jahren. 16 war er damals, hatte selbst schon lange im Fußballverein gespielt. Ja, hat er ohne Zögern gesagt. Seitdem trainiert Jan Rott montags und mittwochs Jungen und Mädchen als Fußballtrainer. Und samstags bestreiten sie Spiele in der Kreisliga A.

45 Kinder bildet er in seiner C-Jugend des Vereins Post TSV Detmold aus. Die sportliche Aufgabe ist allerdings nur das eine. Daneben „muss ich Streitigkeiten schlichten, Antragsformulare ausgeben, Spieler für die Samstagsmannschaft auswählen, Bälle und Trikots besorgen, Fahrgemeinschaften oder Radtouren zu den Spielen organisieren und so weiter“, sagt er lachend. Dabei ist der inzwischen 20-Jährige nicht allein. Am Anfang hatte er einen gleichaltrigen Co-Trainer, jetzt steht sein früherer Sportlehrer an seiner Seite. Davon ist Jan Rott begeistert. „Der hat sozusagen Fußball studiert, von dem kann ich viel lernen.“ Nicht nur in sportlicher Hinsicht, auch in menschlicher, zum Beispiel, wie man mit großen Gruppen umgeht: „Da bin ich souveräner geworden. Die Vorbereitungen – wer nimmt die Leibchen, wer baut die Tore auf? –, das hat früher ewig gedauert, und ich wurde nervös, weil die Kinder nach zehn Minuten noch keinen Ball am Fuß hatten. Mittlerweile lasse ich die Kinder nicht mehr so lange reden und führe jetzt schneller Entscheidungen herbei.“

Was man als Außenstehender nicht ahnt: Als ehrenamtlicher Jugendfußballtrainer muss Jan Rott viel Zeit für Formulare aufbringen. Da sind die Anträge für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. „Die sind für Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen. Aber auch ausländische Kinder dürfen diese Unterstützung beantragen. Deren Eltern können oft nur wenig Deutsch, da bin ich gefragt, die vier Formularseiten mit ihnen auszufüllen.“ Um niemanden wegen seiner Herkunft zu diskriminieren oder wegen seiner finanziellen Lage vorzuführen, hat Jan Rott eine pragmatische Lösung für die Anmeldung: „Ich gebe einfach jedem Kind einen solchen Antrag mit, egal, wie es aussieht.“ Wenn die beiden Trainer über die Kinder sprechen, dann nie mit ‚der Syrer‘ oder ‚die Dunkelhaarige‘, sondern immer mit Vornamen. „Dann wissen wir genau, um wen es geht. Auch wenn manche Namen wirklich nicht einfach auszusprechen sind“, berichtet Jan Rott schmunzelnd.

Gar nicht so selten schlagen sich sogar weltpolitische Entwicklungen auf dem Detmolder Fußballplatz nieder, und Jan Rott muss einen kleinen Papierkrieg führen, um beispielsweise einem geflüchteten Kind das Fußballspielen zu ermöglichen. „Denn es muss klar sein, dass es nicht nach Deutschland gekommen ist, nur um hier Fußball zu spielen.“ Da muss ein geflüchtetes Kind dann schon mal vier Wochen auf seinen ersten Kick warten. „Eine harte Geduldsprobe.“

Insgesamt zehn Nationen sind in Jan Rotts C-Jugend vertreten: junge Menschen aus Deutschland, Syrien, Afghanistan, aus Indien, dem Irak … „Es kann schon mal passieren, dass Kinder sich ausgeschlossen fühlen, zum Beispiel, weil in manchen Gruppen arabisch gesprochen wird. Wir sagen dann: Wir sprechen in allen Gruppen deutsch, damit alle Kinder alle verstehen.“ Integration lautet ein Motto des Vereins.

Zwei andere: Teamgeist und Fairplay. „Für uns bedeutet das: Jeder darf mittrainieren. Und zum Samstagsspiel wähle ich die aus, die am häufigsten kommen, nicht die Besten.“ Denn der sportliche Erfolg hat nicht die höchste Priorität, so der Grundsatz des Vereins. Die Kinder sollen vor allem Respekt lernen, sollen sich gegenseitig unterstützen und als Mannschaft verstehen. Natürlich gibt es sie trotzdem, die Wutanfälle nach einem Foul oder die Diskussionen nach einer ungeliebten Schiedsrichterentscheidung. „Wenn Kinder auf dem Feld wild werden, nehmen wir sie raus und sagen: Setz dich erst mal hin, trink was. Dann machen sie zehn Liegestütze, denken über ihre Reaktion nach, wir reden miteinander und allmählich beruhigen sie sich“, erzählt Jan Rott. Das passiert in freundlichem Ton – und mit Augenzwinkern: „Wir sagen: Kannst dich freuen, die Liegestütze machen dich stärker.“

Überhaupt wird Spaß an der Sache großgeschrieben. Für seine Kinder überlegt sich Jan Rott hin und wieder Spezialaufgaben: „Ich habe mal fünf Überraschungseier mitgebracht und oben auf die Torlatte gelegt. Wer eines runterschießen konnte, durfte es behalten. Da haben sie sich richtig ins Zeug gelegt und nebenbei gezieltes Schießen trainiert.“

Als Trainer ist Jan Rott natürlich ein Vorbild. „Daran muss ich mich manchmal selbst erinnern. Allein Pünktlichkeit ist ganz wichtig, beim Training genauso wie beim Spiel.“ In Detmold ist er eine echte Bekanntheit. „Wenn ich durch die Stadt gehe, grüßen mich so viele Kinder. Auch die Eltern. Das ist Anerkennung pur“, freut sich der 20-Jährige.

Drei Sätze zum Vervollständigen

1. Beruf und Ehrenamt ergänzen sich: Manche Dinge, die ich auf der Arbeit fachlich lerne, zum Beispiel Anträge ausfüllen, kann ich im Verein sehr gut anwenden. Umgekehrt lerne ich im Verein den Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen, das hilft mir auch im Beruf.

2. Worüber ich mich immer noch freue: das gemeinsame Singen in der Kabine nach einem Sieg.

3. Ich bin mit Leib und Seele Sportler und Trainer.