Im Herbst und Winter fordern laubbedeckte Wege und Außentreppen besondere Aufmerksamkeit. Verletzt sich eine Passantin oder ein Passant beim Ausrutschen auf nassem Blattwerk oder beim Stolpern über einen darunter verborgenen Gegenstand, kann sie oder er vom Grundstückseigentümer Schadenersatz verlangen. Was viele nicht wissen: Die Räumungspflicht fürs Grundstück und angrenzende Wege ist nicht nur bei Schnee und Glätte zu beachten. Verkehrssicherungspflichtige müssen ihr Areal ganzjährig von sturzträchtigen Verunreinigungen befreien. 

Pflichten zum Reinigen von Gehwegen

Innerhalb geschlossener Ortschaften trifft die Verkehrssicherungspflicht im Allgemeinen die Gemeinden. Diese übertragen die Reinigungspflicht für Gehwege – ebenso wie die Streupflicht im Winter – in der Regel auf die Anlieger. Betroffen sind zunächst die Vermieterinnen und Vermieter von Gebäuden (vergleiche zum Beispiel ein Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg, Az. 5 A 127/01). Diese können die Pflicht wiederum schriftlich an ihre Mieterinnen und Mieter weitergeben. Von Rechts wegen verantwortlich bleiben jedoch die Vermieterinnen und Vermieter. Regelmäßige Kontrollen, ob das Grundstück, die dazu gehörenden Treppen und die angrenzenden Wege auch wirklich gereinigt werden, sind also empfehlenswert. 

Verkehrssicherungspflicht bei öffentlichen Einrichtungen 

Besondere Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht werden an öffentliche Einrichtungen mit Publikumsverkehr gestellt. So ist zum Beispiel eine Kirchengemeinde laut Gerichtsurteil verpflichtet, Treppen, die zum Kirchenportal führen, von gefallenem Herbstlaub zu befreien, um die Verletzungsgefahr der Kirchgängerinnen und Kirchgänger zu minimieren (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 26.10.1977, 7 U 146/77, VersR 1978, 876). 

Demgegenüber sieht ein anderes Gericht im Vorhandensein von nassem Laub auf dem Gehweg keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (OLG Nürnberg, Urteil vom 24.2.1993, 4 U 3149/92, NZV 1994, 68). 

Das OLG Schleswig (11 U 16/13) stellt in einem Urteil vom 8.10.2013 klar, dass Gehwege nicht ständig vollständig laubfrei zu halten sind. Die Reinigung muss in Abhängigkeit vom Laub­anfall vorgenommen werden. Eine Gefahr läge erst dann vor, wenn das Laub zu einer glitschigen Schicht vermodert. Konkret wurde benannt, dass in der Regel einmal täglich eine Reinigung genügt, bei starkem Laubanfall gegebenenfalls zweimal am Tag. Optisch soll der Wegstreifen annähernd laubfrei und dabei so breit sein, dass zwei Passanten nebeneinander gehen können, ohne gezwungen zu sein, auf die geschlossene und gegebenenfalls glitschige Laubfläche treten zu müssen.

Keine Räumung von Wanderwegen

Laut Urteil sind Gemeinden zum Beispiel auch nicht verpflichtet, unbefestigte Wanderwege auf ihrer Gemarkung regelmäßig von Laub und Schlick zu säubern. Somit können Kommunen nicht für die Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn eine Spaziergängerin oder ein Spaziergänger sich durch Ausrutschen auf der rutschigen Laublage auf einem unbefestigten Wanderweg verletzt (Landgericht Itzehoe, 3 O 153/99).

Fazit

Die unterschiedlichen richterlichen Ansichten untermauern den allgemeinen Konsens, dass die Verkehrssicherungspflicht ihre Grenzen hat. Da fallendes Herbstlaub ein jährlich wiederkehrendes Phänomen ist, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass Fußgängerinnen und Fußgänger sich auf die veränderte Bodenbeschaffenheit im Herbst einstellen können. Eine Verkehrssicherung, die jede Rutschgefahr ausschließt, ist ohnehin nicht zu erreichen. Zumal sich der Zustand von Straßen und Fußwegen auch nach der Reinigung schnell wieder ändern kann, etwa, wenn neue Blätter fallen oder der Wind Laub zur vormals sauberen Stelle weht (vgl. zum Beispiel Kammergericht Berlin, Az 9 U 134/04). 

Eine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen für laubbedingte Unfälle kommt nur dann in Betracht, wenn die Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt wird, etwa, wenn das Blattwerk längere Zeit nicht vom Weg entfernt worden ist oder wenn es gefriert. Der Aufwand für die Beseitigung des Laubs muss in vernünftiger Verhältnismäßigkeit zur Gefahr durch das Laub stehen. Das OLG München (1 U 1398/13) entschied in einem Beschluss vom 19.8.2013, dass die Benutzerinnen und Benutzer des Gehweges nur vor solchen Gefahren geschützt werden müssen, welche diese mit der in der Situation zu erwartenden eigenen Sorgfalt nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht erkennen können.